Liebe Rohkost-Freunde,
Bruce Chatwin´s lebendige Reiseerzählung „In Patagonien“ hatte mich schon als Studentin Anfang Zwanzig schwer beeindruckt und fasziniert. Dieses sagenumwobene, malerisch schöne Land wollte ich auf alle Fälle einmal in meinem Leben mit eigenen Augen sehen und erleben. Alles zu seiner Zeit, gut 30 Jahre später habe ich es geschafft und bin vom realen Patagonien genauso begeistert, wie damals von den Erzählungen des einfühlsam reisenden Engländers.
Seit gut 2 Monaten erkunde ich nun diesen südlichsten Zipfel Südamerikas. Es gibt viel zu entdecken!
Von Uruguay kommend setzte ich mit der Fähre nach Buenos Aires über und verbrachte noch einmal eine schöne Woche in der pulsierenden Hauptstadt Argentiniens.
Die Bewohner von Buenos Aires lieben oder hassen ihn! Den Obelisk mitten auf der Avenida 9 de Julio.
Die bunten Häuser und Tango-Damen im Viertel La Boca.
Auf dem prunkvollen Friedhof von Recoleta haben die wohlhabenden Bürger der Stadt und auch Eva Perón ihre letzte Ruhestätte gefunden.
Gassi-Gehen nach Buenos Aires Art.
El Ateneo war einmal ein Theater. Heute befindet sich darin eine der imposantesten Buchhandlungen der Welt.
Auf ihren ehemaligen Erzbischof sind die Stadtbewohner besonders stolz. Er hat es zum Papst Franziskus geschafft.
Nach dem aufregenden Stadtleben ging es weiter in das kleine, verschlafene Städtchen San Antonio de Areco. Dieses erwacht jedes Jahr im November aus seinem Dornröschenschlaf, um Gastgeber für eines der größten Gaucho-Festivals zu sein, der „Fiesta de la Tradición“. Große und kleine Gauchos zeigen stolz ihr Können und ihre Fertigkeiten.
Wie lange kann sich der Reiter auf dem ungezähmten, bockigen Pferd halten? Nicht mehr als einige Sekunden, dann fliegt er im hohen Bogen herunter.
Alt und Jung haben sich für das Fest in Schale geworfen und es ist schön zu sehen, wie die Traditionen hier weitergeführt werden.
Abends wurden die typischen Lieder, die das manchmal recht harte Gaucho-Leben besingen, zum Besten gegeben.
Am nächsten Tag fand ein großer Umzug statt, an dem etwa 1000 Reiter teilnahmen. Frauen, Männer, Kinder und Pferde waren alle fein herausgeputzt und ritten stolz durch die Straßen Arecos. Auch die Allerkleinsten waren schon dabei. Es scheint, dass die Gaucho-Nachkömmlinge gleich nach der Geburt aufs Pferd gesetzt werden! Gut reiten zu können ist schließlich von allergrößter Wichtigkeit!
Auch die traditionellen Tänze werden gepflegt. Bei den Peñas, den Zusammenkünften, bei denen die argentinische Folklore getanzt wird, kommen alle Generationen zusammen. Wie schön!
Doch nun geht es endlich in den tiefen Süden, nach Feuerland. Ich machte mich auf nach Ushuaia, der südlichsten Stadt der Welt. Puerto Williams, auf der chilenischen Seite liegt zwar noch etwas südlicher aber es ist nur ein kleines Dorf.
Ushuaia, am malerischen Ende der Welt.
An der Eingangstür des Büros der peronistischen Partei in Ushuaia.
Damals:
Und heute:
Im „Tierra del Fuego“ Nationalpark.
China am Ende der Welt.
Und Johannesberg am Ende der Welt 😂.
Im Nationalpark kann man herrlich wandern.
Der vorerst südlichste Punkt meiner Reise.
Als Ferdinand Magellan im Oktober 1520 mit seiner Flotte vor der Küste Feuerlands ankam und die vielen Rauchwolken sah, taufte er dieses kurzerhand „Tierra del Humo“ - Land des Rauchs. Karl V. erklärte jedoch, dass es keinen Rauch ohne Feuer gäbe und änderte den Namen kurzerhand in „Tierra del Fuego“ - Land des Feuers. So die Überlieferung. Die Feuer waren die Lagerfeuer der einheimischen Indianer, die sie gegen die klirrende Kälte entfachten. Eine der zahlreichsten Stämme waren die Selk´nam. Sie wurden, wie auch alle anderen indigenen Völker Feuerlands, gnadenlos von den europäischen Siedlern abgeschlachtet!
Dies ist Lola Kiepja. Sie war die letzte Schamanin, Sängerin und Vollblütige des Selk´nam-Stammes. Sie starb am 9. Oktober 1966.
Rau, wild und unberechenbar ist das Land und Klima in Feuerland. Nur wenige Menschen nehmen es mit den harten Lebensbedingungen auf. Den größten Teil des Landes bewohnen nur Schafe, Rinder und Guanakos.
Chile und Argentinien teilen sich diesen südlichsten Teil Südamerikas.
Auch Pinguine haben sich hier angesiedelt. Dies sind die farbenfrohen Königs-Pinguine:
Feuerland ist durch die Magellan-Straße vom Festland Patagoniens getrennt. Die Fähre wartet schon.
Adiós Tierra del Fuego!
Hola Patagonia!
Mein nächster Arbeitseinsatz brachte mich nach Punta Arenas in Chile. Dort half ich einen Monat im einem kleinen, netten, sehr familiären Hostel mit, der „Hospedaje Magallanes“.
Marisol, Chilenin, und ihr deutscher Partner Sebastian haben diese kleine Oase für Patagonia-Reisende, die sich nach ordentlichem, selbstgebackenem, dunklem Brot, hausgemachter Marmelade und richtigem Kaffee zum Frühstück, sowie nach gemütlichen Betten sehnen, vor 18 Jahren eröffnet 😊.
Zwei großgewachsene, schlanke, blonde, jugendliche Söhne haben die beiden, die so gar nicht ins allgemeine Stadtbild der sehr kleinen, eher untersetzten, schwarzhaarigen Chilenen hier passen 😉.
Die meiste Zeit war ich an der Rezeption und habe mich um die Gäste aus aller Welt gekümmert, was mir wirklich sehr gefallen hat. Vielleicht eröffne ich eines Tages mein eigenes Hostel 😀.
Punta Arenas ist eigentlich eine sehr schöne Stadt aber die ständigen Unruhen, die seit einigen Monaten in Chile herrschen, haben leider auch hier nicht Halt gemacht. In dem Monat, in dem ich dort war, gab es fast täglich Menschenaufmärsche, die meisten friedlich mit ganzen Familien. Dann kamen aber auch regelmäßig die Chaoten, die dachten alles was ihnen in den Weg kam, zerstören zu müssen und gegen die die Polizei mit Wasserwerfern und Tränengas vorging. Die Einheimischen meinten, es wären bezahlte Gewalttätige, die Chaos veranstalten sollten. Viele Läden waren verbarrikadiert mit einem Hinweisschild, dass sie geöffnet seien. Viel mutwillige Zerstörung konnte ich leider überall in der Stadt sehen. Marisol war ein wenig traurig, was aus ihrer schönen Stadt geworden war und außerdem schädigte diese andauernde Situation das Geschäft.
Hier stand einmal das Büro der Pensions-Kasse. Es wurde durch eine Brandbombe total zerstört.
Blick auf Punta Arenas.
Hier, an diesem so südlichen Punkt der Erde, haben sich schon viele Paare ewige Treue geschworen!
Der Friedhof von Punta Arenas ist auf alle Fälle sehenswert.
Die Deutsche Feuerwehr von Punta Arenas nahm gerade an einer Ehrung teil
Auf Reisen weiß man nie, was der nächste Tag bringt. Eines Abends rief ein Mitarbeiter eines Reisebüros in Punta Arenas im Hostel an und suchte nach jemandem, der Deutsch/Spanisch übersetzen könne. Da meldete ich mich doch gleich, ohne richtig zu wissen, was das werden würde. Nun, am nächsten Morgen wurde ich zum Hafen gebracht und fand mich als Übersetzerin für eine Gruppe Reisender der Aida Aura wieder, die einen Ausritt entlang der Küste als Landausflug gebucht hatte. Schön war´s und bezahlt wurde ich auch noch dafür!😊
Von Punta Arenas aus kann man die Isla Magdalena besuchen. Dort brüten jedes Jahr Zehntausende von Magellan-Pinguinen. Diese sympathischen und putzigen Tierchen haben absolut keine Angst vor Menschen und watscheln einem direkt vor die Füße. Sie sind übrigens monogam und ihrem Partner treu bis ans Lebensende! Alle Arbeiten von Futtersuche bis zum Ausbrüten des Eies und dem Beschützen des Jungens werden vom Männchen und Weibchen geteilt.
Auch Albatrosse brüten zu Tausenden auf der Insel.
Nach einem schönen Monat in Punta Arenas machte ich mich weiter auf den Weg nach Puerto Natales und von dort zu einem der schönsten Nationalparks Chiles, dem Torres del Paine. Wandernd mit Rucksack und guten Schuhen lässt sich die Schönheit des Parkes am besten erkunden.
Nach einer anstrengenden Kraxeltour gelangt man hoch oben zu den „Torres“ den Türmen und dem Wahrzeichen des Parkes.
In Patagonien muss man sich beim Wandern auf jedes Wetter gefasst machen. Man kann strahlenden Sonnenschein mit blauem Himmel, Regen, Wolken, Sturm und Schnee alles an einem Tag erleben. Dementsprechend sollte auch die Kleidung tauglich für jedes Wetter sein. Ich bin in 5 Tagen den berühmten „W-Trek“ gewandert. Scheint die Sonne ist das Farbenspiel der Natur die reinste Augenweide!
Am Grey-Gletscher.
Auf den Campingplätzen kann man ein Zelt mieten, so dass ich nur einen dicken Schlafsack, meine Kleidung und mein Essen tragen musste.
Eines der „Refugios“ im Park.
Wunderschön, der Torres del Paine Nationalpark, leider ist alles sehr, sehr teuer!
Na, dann schnell wieder über die Grenze nach Argentinien, wo die Preise wieder backpackerfreundlicher sind 😊.
Die Stadt „El Calafate“ ist nach der Antioxidationsbombe, heidelbeerähnlichen, dunkelvioletten Beere benannt, die typisch für Patagonien ist, benannt. Im Moment blühen die Büsche hellgelb.
So sehen die reifen Beeren später aus.
Daraus werden dann leckere Säfte, Sirup, Marmelade und Eis hergestellt.
El Calafate ist das Eingangstor zum „Parque National Los Glaciares“, dem Nationalpark der Gletscher. Einer, der am einfachsten zu besuchen ist, ist der „Perito Moreno“. Er ist von der Fläche her etwas größer als die Stadt Buenos Aires - genau 254 km². Es ist auf alle Fälle ein eindrückliches Erlebnis, diesem Naturwunder gegenüber zu stehen!
El condor pasa!
Am Ufer des Lago Argentino.
In El Calafate gab es doch tatsächlich einen Naturkostladen, der jede Menge rohköstlicher Artikel führte. Mit einem Rohkostwrap, fermentiertem Cashew-Streichkäse mit Rauchpaprika, frischem Grünzeug, Smoothie und Heidelbeer-Kokosjoghurt lässt sich schnell ein leckeres Rohkost-Abendessen zaubern, mit dem man einen solch wunderschönen Tag krönen kann!
Im nördlichen Teil des „Los Glaciares“ Nationalpark liegt El Chaltén. Ein kleines Dörfchen, von dem aus man wunderbar Wanderungen in den Park unternehmen kann. Hier habe ich noch einmal 5 Tage die Natur genossen.
Auf geht´s zum Mt. Fitz Roy und seinen Gesellen!
Als wenn diese Naturschönheiten nicht schon genug wären, hat das Universum noch eins draufgesetzt!! In dem kleinen Dörfchen mit 1630 Seelen gibt es doch tatsächlich ein veganes/Rohkost-Restaurant! Dort habe ich mich nach den Wanderungen verwöhnen lassen.
Den netten Damen macht ganz offensichtlich ihre Arbeit Spaß und das schmeckt man! Lecker! Alle Zutaten sind biologisch und ganz viel kommt aus dem eigenen Garten.
In El Chaltén bin ich im „Herbst“ in den Bus gestiegen und 23 Std. später und 1270 km nördlicher in El Bolsón im Hochsommer ausgestiegen. Meine Wintersachen können erst einmal wieder im Rucksack verschwinden, es ist Zeit für Shorts und T-Shirt!
Im sympathischen El Bolsón haben haben sich ganz viele „Hippies“ und alternativ denkende Menschen niedergelassen. Es gibt jede Menge Bio-Gärten, Menschen, die Naturkosmetik und Heilpflanzenmedizin herstellen, Massagen, Reiki, Shiatsu, vegetarische und vegane Restaurants und sogar auch Rohkost! Auf dem Bio-Markt habe ich das erst Mal seit langem wieder Grünkohl gefunden. Die Qualität des Gemüses und der Früchte ist 1a mit 5 Sternen 😍.
In El Bolsón erfährt man auch, dass 12:35 Uhr genau die richtige Uhrzeit ist, um zu Gott zurückzukehren 😉.
Herrlich wandern kann man in der Gegend rund um El Bolsón, dem Seen-Gebiet Argentiniens.
Dies hier ist der liebliche Lago Epuyén. Hier habe ich das neue Jahr begonnen.
An Sylvester gab ein riesiges „Asado“ (Grillen am offenen Feuer) im Hostel, bei dem Unmengen an Fleisch verzehrt wurden. Ich brachte einen leckeren Grünkohlsalat mit Avocado, Schnittlauch und Sonnenblumen-Sprossen mit und siehe da, er hat allen geschmeckt und war in nullkommanichts verschwunden. 😉
Wunderbar hat es mir in El Bolsón gefallen. Sollte ich jemals nach Argentinien auswandern, wird es dorthin sein 😊.
Im Moment bin ich bei Maria und Damian, einem sehr sympathischen, jungen Pärchen, das in der Nähe von Bariloche lebt, und helfe ihnen in ihrem Bio-Garten und bei der Bio-Konstruktion eines Hauses. Es hat eine Holzkonstruktion und dann verschwindet in den Wänden ganz viel, was sonst Müll wäre, und wird so bestens recycelt! Ist das nicht praktisch? 😊. Später wird alles mit Lehm verkleidet.
Damian ist Gartenbau- und Werklehrer in der Waldorfschule in Bariloche. Sie haben alle Häuser auf ihrem Anwesen selbst gebaut und ernähren sich hauptsächlich aus ihrem Bio-Garten. Lecker!!
Bald werde ich mich vom beeindruckenden Patagonien verabschieden und weiter nach Mendoza und nach Buenos Aires reisen. Von dort werde ich mich nach Peru aufmachen. Zuvor unternehme ich jedoch noch einen kleinen Abstecher in einen wenigbesuchten, faszinierenden, sagenumwobenen Teil unserer schönen Erde! Davon werde ich Euch bald berichten!
Übrigens, ratet einmal, was ich in einem Refugio im Torres del Paine Nationalpark im Tauschregal gefunden habe?? Ich habe es noch einmal aufmerksam gelesen und dieses Mal ganz viele Orte von meiner eigenen Reise wiedererkannt!
Ich wünsche Euch allen ein fantastisches Jahr 2020 mit strahlender Gesundheit, vielen schönen Erlebnissen und natürlich leckerer Rohkost!
Mit herzlichen und sonnigen Grüßen aus Patagonien
Gisela 🌺
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